Donnerstag, 27. März 2014

Caspar David Friedrichs idealisierte Stadt

Caspar David Friedrich hat sich Neubrandenburg ausgewählt, um seine Vorstellung von einer idealisierten gotischen Stadt darzustellen. Es gibt da das um 1816 entstandene Greifswalder Gemälde Neubrandenburg im Morgennebel, in dem er die von Norden her barocke Silhouette der Marienkirche gegen gotische tauscht und die Landschaftsstimmung romantisiert. Dann muss man auch dazu rechnen die nach 1830 datierte Transparentmalerei, bezeichnet als Gebirgige Flusslandschaft, die die Stadt von Süden her am Ende des Tollesetals in einen rötlichen Sonnenuntergang taucht, die gotische Architektur nur noch symbolhaft vorhanden ist.

Mehr dazu im Kapitel Heimat, Familie, Frauenbild  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Neubrandenburg im Morgennebel. Um 1818, Öl auf Leinwand, 91 x 72 cm, Greifswald, Pommersches Landesmuseum

Caspar David Friedrich: Gebirgige Flusslandschaft (Abendansicht bei Durchlicht). Um 1830-35, Transparentmalerei doppelseitig, Mischtechnik von Aquarell und Tempera auf Papier, 76 x 130 cm, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen

Mittwoch, 26. März 2014

Caspar David Friedrichs als Architekt

Im Kupferstichkabinett des Germanischen Nationalmuseums befinden sich von Caspar David Friedrich neun Blätter einer Entwurfszeichnung für eine neugotische Kapelle und deren Ausstattung, um 1818 datiert. Es hat sich hartnäckig die Auffassung gehalten, dies wären Entwürfe für die Kapelle in Vitte auf Rügen, doch mit dem achteckigen Zentralbau an der Ostsee wurde bereits 1806 begonnen. Gerhard Eimer erwähnt in seinen Stockholmer Vorlesungen von 1963 als erster die kleine, 1821 erbaute Kirche zu Dannenwalde als einen wahrscheinlichen Kirchbau nach Friedrich. Eine Analyse der Bauausführung zeigt, dass die vorgenommenen Änderungen gegenüber Friedrichs Entwurf baupraktischer Natur sein können. Auch hielt sich der Maler im Sommer 1818 bei seinem Verwandten, dem für den Kirchenbau in Dannenwalde federführenden Pastoris loci, Carl Ludwig Sponholz, auf, als der das Antragsverfahren auf den Weg brachte. Und noch viel mehr spricht dafür, dass die Kirche in Dannenwalde auf Friedrichs Idee zurück geht ...

Mehr darüber in dem Kapitel Denkmale für Boll http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Kirche in Dannenwalde 2007, Doris Antony, Berlin,  CC-BY-SA-3.0-migrated

Caspar David Friedrich: Rundbau mit Turmvorbau. 1814-1825, Feder, laviert, 12 x 12 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum

 

Dienstag, 25. März 2014

Caspar David Friedrichs Fußnoten der Kunstgeschichte

Caspar David Friedrich setzte in dem 1812 entstandenen Gemälde Grabmale alter Helden, heute in der
Hamburger Kunsthalle, zwei der interessantesten Fußnoten der Kunstgeschichte. Die Initialen am Sockel des Obelisken und am Deckel des Sarkphages G.A.F. und F.A.K. wurde immer für Abkürzungen der Namen von gefallenen Freiheitskriegern gehalten. Aus dem Entstehungszusammenhang des Gemäldes sollte G.A.F. in der Auflösung als Gib acht! Freund gelesen werden, eine in der Zeit des Sturm und Drang verwendete Redewendung im Sinne von Goethes Gedichtzeile Gib acht! es wird dir allerlei begegnen ..., die mit Freundesbekundungen den Weg in die Stammbücher fand. Und F.A.K. ergibt die alttestamentarische Formel Für alle Kommenden (Generationen).

Mehr darüber im Kapitel Hirschfelds Anregungen http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book


Caspar David Friedrich: Grabmale alter Helden. 1812, Öl auf Leinwand, 49,5 x 70,5 cm, Hamburg, Kunsthalle

Montag, 24. März 2014

Caspar David Friedrich der Retuscheur

Caspar David Friedrich war nie in Italien gewesen und doch gibt es das 1830 entstandene Dortmunder Gemälde Junotempel in Agrigent.  

Als Bildvorlage diente eine Aquatinta-Radierung von Franz Hegider nach einem Bild von Carl Ludwig Frommel aus dem 1826 in Paris erschienenem Werk Voyage pittoresque en Silice arbeitete. Friedrich verändert die Bildvorlage allerdings noch einmal nach einer Textvorlage aus Hirschfelds Theorie der Gartenkunst im Kapitel über die Ruinen als Staffage, in dem aus Richard Chandlers Buch Reisen in Kleinasien zitiert wird zu den Ruinen von dem Tempel des Apollo zu Ura. 

So wird ein römischer Tempel nach der Beschreibung einer griechischen Ruine verwendet zur Herstellung der wohl kalkulierten Stimmungswerte von Wehmut, Trauer und Melancholie. Gegenüber der Vorlage sind die Staffagefiguren, Aloen und Olivenbäume weggelassen, Trümmer in Felsen umgedeutet, Gebirgszüge verändert, von Hirschfeld empfohlene Bepflanzung eingesetzt sowie das helle Tageslicht in die Stimmung des Sonnenuntergangs gewandelt. Wir erleben die Art und Weise von Retusche, als hätte Caspar David Friedrich in einer Werbeagentur des 21. Jahrhunderts Platz genommen. 

Mehr dazu im Kapitel Hirschfelds Anregungen http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book



Caspar David Friedrich: Junotempel in Agrigent. Um 1830, Öl auf Leinwand, 54 x72 cm, Dortmund, Museum für Kunst und Kulturgeschichte


Sonntag, 23. März 2014

Frisuren bei Caspar David Friedrich

Mit der Individualität der menschlichen Figur in seinen Bildern hat sich der Landschaftsmaler schwer getan. Vor allem bei seinen Rückenfiguren versuchte er, die Personen in kompensierender Weise durch ihre Frisuren zu charakterisieren. Studien dazu entstanden mit großer Präzision. Mit diesem Wissen um die Authentizität der Frisuren war es möglich etwa Caroline Bardua in der Gartenterrasse oder Friedrike Boll in den Gemälden Auf dem Segler oder Kreidefelsen auf Rügen zu identifizieren.

Mehr dazu in den Kapiteln Heimat, Familie, Frauenbild und Die Denkmale für Boll
http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book  


Caspar David Friedrich: Frau mit Umschlagtuch. Um 1818/20, Sepia, 32,5 x 18,5 cm und 35,3 x 20,7 cm, Berlin, Kupferstichkabinett

Caspar David Friedrich: Gartenterrasse. 1811/12, Öl auf Leinwand, 53,5 x 70 cm, Potsdam, Schloss Sanssouci

Caspar David Friedrich: Auf dem Segler. 1818/19. Öl auf Leinwand, 71 x 56 cm. St. Petersburg, Eremitage

Caspar David Friedrich: Kreidefelsen auf Rügen. 1818, Öl auf Leinwand, 90,5 x 71 cm, Winterthur, Museum Oskar Reinhart

Samstag, 22. März 2014

Wovon Caspar David Friedrich nichts wissen konnte: CasparPlag!

Die Bundesminister Guttenberg und Schavan konnten beim Verfassen ihrer Doktorarbeit kaum wissen, wie leicht einige Jahre später mit einer geeigneten Software die Plagiate in ihren Doktorarbeiten aufgefunden werden können. Der Maler Caspar David Friedrich konnte vor über 200 Jahren nicht die leiseste Ahnung haben, auf welche Weise die Textquellen zu seinen Bildern in ferner Zukunft einmal aufgespürt werden können. Der Bild zu Text Vergleich ist aufwändiger als der Text zu Text Vergleich, weil  zu den Bildinhalten erst Wortmarker für das Textmining ermittelt werden müssen und die Sachverhalte weitaus komplexer sind. Aber letztlich wird auch hier die Absicht des idea copying deutlich und es lässt sich auch über Einzelergebnisse trefflich streiten.

Ein simples Beispiel zeigt das Gemälde der Abend nach dem Text De la composition des paysages des Rousseaus-Freundes und Schöpfer des Parks von Ermenonville, Marquis René Louis de Girardin:

 „Die Massen von Bäumen, wo das Licht durchschimmert, unter welchen das Auge einen angenehmen Spazierweg erblickt; große Flächen von Wiesen, deren Grün von durchsichtigen Schatten des Abends verschönert wird [...] leichte Gründe von lieblicher Gestalt und dunstiger Farbe [...]. Es scheint in diesen Augenblicken, als wenn die Sonne, bereit den Horizont zu verlassen, vor ihrem Abschiede erst gern die Erde mit dem Himmel vermähle [...].“


Textgegenstände werden hier als Bildgegenstände ausgeführt – einschließlich des „Auges“ in Gestalt zweier Spaziergänger auf dem Wanderweg. 

Mehr darüber im Kapitel Hirschfelds Anregungen http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 

Caspar David Friedrich: Der Abend. Um 1821, Öl auf Leinwand, 22,3 x 31 cm, Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum

Freitag, 21. März 2014

Caspar David Friedrichs Frauen

In dem um 1835 entstandenen Gemälde Ostermorgen hat Caspar David Friedrich die Frauen seines Lebens versammelt. Hier inszeniert der Maler seinen eigenen Tod. Dazu benutzt er die biblischen Historie. Drei Frauen, Mariengestalten, gehen am Ostermorgen zum Grab Christi und finden es leer vor. Diese Frauen sind Maria Magdalena und Maria, Mutter des Jakobus, sowie Salome. In christlich-gnostischen Schriften werden Salome und Maria Magdalena zu den Jüngerinnen Jesu gerechnet. Auf Friedrichs Verhältnisse übertragen sind die beiden Jügerinnen als die beiden Frauen in seinem Leben zu deuten, die er im Geiste verehrte: Caroline Bardua und Juliane Kramer. Nur die ihm angetraute Caroline trägt Trauerkleidung. 
Mehr darüber im Kapitel Heimat Familie Frauenbild http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book



Caspar David Friedrich: Ostermorgen. Um 1835, Öl auf Leinwand, 43,7 x34,4 cm, Madrid, Museum Thyssen- Bornemisza


Donnerstag, 20. März 2014

Caspar David Friedrichs Verwirrspiel mit Landschaften

Caspar David Friedrichs Bildern sind die Reallandschaften oft schwer zuzuordnen. Mal ist der Maler als Kulissenschieber tätig und bringt weit auseinander liegende Landschaftselemente in eine Sichtachse oder versetzt Landschaften an einen anderen Ort. Ein gutes Beispiel für eine solche Landschaftsimplementierung ist das Bild Landschaft mit dem Regenbogen von 1810. Dieses Gemälde wurde auf der Insel Rügen verortet, weil im Hintergrund die Insel Vilm zu sehen ist. Tatsächlich lässt sich das Landschaftsmotiv bei Usadel am Tollensesee lokalisieren. Ausschlaggebend für diese These sind die links im Vordergrund befindlichen Kegelgräber, dies es dort auch zu Beginn des 19. Jahrhunderts gegeben hat. Die Insel Vilm illustriert hier den Landübergang vom Tollensesee in die Lieps. Warum also die Insel Vilm? Friedrich hat das Bild vermutlich im Frühjahr gemalt. Dann aber stand der Landübergang unter Wasser und war nicht sichtbar. So brauchte er eine Aushilfsinsel.... Mehr darüber in dem Kapitel Heimat, Familie, Frauenbild http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book


Caspar David Friedrich: Landschaft mit dem Regenbogen. 1810, Öl auf Leinwand, 59 x 84,5 cm, Weimar, Staatliche Kunstsammlungen (1945 gestohlen)

Mittwoch, 19. März 2014

Caspar David Friedrichs Kultort Belvedere

Caspar David Friedrich hat sich in mehreren Zeichnungen einem Kultort am südwestlichen Ufer des Tollensesees bei Neubrandenburg gewidmet, dessen kulturgeschichtlicher Bedeutung sich der Maler bewusst gewesen sein muss. Das Blatt Wallfahrt bei Sonnenaufgang aus dem Jahr 1505 zeigt die Prämonstratenser-Mönche des Klosters Broda auf dem Weg zu ihrem Prozessionsort auf den Brodaer Höhen, der im frühen Mittelalter am Ort eines heidnischen Tempels angelegt war. 1775 ließ hier Adolf Friedrich IV. von Mecklenburg-Strelitz ein Sommerhaus im Fachwerkstil in einer parkähnlichen Umgebung errichten Als nach dem Tod des Herzogs 1794 das als Belvedere bezeichnete Gebäude wieder abgebaut wurde, eroberte die Natur den Platz zurück. Caspar David Friedrich hielt diesen Zustand 1806 in der Sepia Das Kreuz an der Ostsee fest. 1823 ließ Großherzogin Marie von dem Architekten Friedrich Wilhelm Buttel an dem alten Brodarer Kultort eine klassizistische Tempelimitation errichten. Das Innere des offenen Gebäudes baute Heinrich Tessenow 1934 zum Landeskriegerdenkmal für die gefallenen Soldaten des Ersten Weltkrieges um. Heute vergnügt man sich in dem Ambiente eines griechischen Tempels bei Sommernachtspartys mit DJ und Travestieshow. Also jede Zeit hat diesen Ort symbolisch überschrieben und kultisch genutzt, übrigens auch in der Frühromantik als Ort der naturromantischen Schwärmerei.

Mehr darüber in dem Kapitel Das kleine Meer, der Fischer und die Mönche http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book

Caspar David Friedrich: Wallfahrt bei Sonnenuntergang. 1805, Bleistift, Sepia, 40,5 x 62 cm, Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Caspar David Friedrich: Das Kreuz an der Ostsee. Um 1806, Sepia, 40,1 x 58 cm, Berlin, Kupferstichkabinett

 Blick aufs Belvedere im Brodaer Holz, oberhalb des Tollensesees, bei Neubrandenburg (Mecklenburg), Foto: Botaurus

Dienstag, 18. März 2014

Caspar David Friedrich: Zeitgeschichte statt Romantik

Caspar David Friedrichs Aquarell Landschaft im Mondlicht wird derzeit in der Londoner Cortauld-Galerie in einer Gegenüberstellung von Malerei der deutschen und englischen Romantik gezeigt. Die gängige Interpretation des Bildes geht davon aus, dass der Maler mit der von einem Strahlenkranz umkrönten Figur eine Heiligen- oder Jesusfigur in die Landschaft gestellt hat. Man kann aber davon ausgehen, dass es sich um eine übergroße Figur der sogenannten Prillwitzer Idole handelt, die am Ort der Ausgrabungen aufgestellt ist. Diese von den Brüdern Sponholz mit betrügerischer Absicht hergestellten Artefakte hatte Friedrich 1809 gezeichnet, zu der Zeit als das Aquarell entstand. Einige dieser Bronzefiguren waren mit einem Strahlenkranz versehen. In der Landschaft ist das Südufer der Lieps zu erkennen mit dem Rosenberg im Hintergrund zu erkennen. Sehr wahrscheinlich stellt das Blatt weniger romantische Szene als einen Kommentar zur Zeitgeschichte im Herzogtum Mecklenburg-Strelitz zu Beginn des 19. Jahrhunderts dar. Mehr zu Caspar David Friedrich und den Prillwitzer Idolen im Kapitel Die Bäume der Ahnen http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Landschaft im Mondlicht, 1809, The Morgan Library & Museum/Courtauld Galerie


 
Bronzefigur der Prillwitzer Ideole


Caspar David Friedrich: Studien der Prillwitzer Idole und des Außentores „Neues Tor“ in Neubrandenburg. 4. Und 12. Juli 1809, Bleistift, laviert, 36,2 x 26 cm, Oslo Nationalgalerie

Montag, 17. März 2014

Caspar David Friedrichs kleines Dorf

Bei Caspar David Friedrich fallen uns zuerst die Städtebilder ein von Greifswald, Neubrandenburg oder Dresden. Dabei war es das kleine Dorf Breesen nahe Neubrandenburg, von dem der Maler ein ganzes Konvolut Zeichnungen hinterließ, wo er sich sogar monatelang aufhielt. In Breesen war seine Lieblingsschwester und Mutterersatz Catharina mit dem Pastor August Sponholz verheiratet. Motive waren Dorfbewohner, Landschaft, Arbeitsgeräte,. das Pfarrhaus oder die Kirche. Bekanntestes Breesener Motiv ist das 1822 entstandene Gemälde Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung ... Mehr Darüber im Kapitel Heimat, Familie, Frauenbild  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich. Vier Baumstudien. 20. Mai 1804, Bleistift, 18,3 x 11,7 cm, Karlsruhe, Privatbesitz (Breesener Pfahaus)

Das Breesener Pfarrhaus sieht noch so aus wie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Foto: Detlef Stapf

Caspar David Friedrich: Freundinnen unter einem Baum.6. Oktober 1801, Feder und Pinsel, laviert, 18,6 x 11,9 cm, Dresden, Kupferstich-Kabinett. Im Hintergrund die Breesener Kirche. 

Die barocke Kirche in Breesen. Foto: Detlef Stapf

Landschaft hinter dem Breesener Pfarrhaus. Caspar David Friedrich: Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung. 1822, Öl auf Leinwand, 55 x 71 cm, Berlin Nationalgalerie


Sonntag, 16. März 2014

Caspar David Friedrichs Geheimnis: Textjunkie

Die Bildmotive der Maler der Romantik sind durchaus ähnliche, Ruinen, Landschaft etc. Warum aber konnte Caspar David Friedrich eine so singuläre Bildästhetik entwickeln? Es gab in der Forschung durchaus einige Kunsthistoriker, die meinten, es sei, als schau man nicht auf Bilder sondern auf Texte und haben diesen absurd scheinenden Gedanken sofort wieder verworfen. Das Beharren auf dieser Absurdität ist Lösung.

Wir schauen auf Texte und nicht auf Bilder


Friedrichs Bildkonstruktionen sind in allen plausibel herstellbaren Interpretationen Bildübersetzungen von Texten. Das können theologische, gartentheoretische, biografische, anekdotische oder Erzähltexte sein. Fast sieht es so aus, als sei der Maler ein Textjunkie gewesen, er diese Textvoraussetzung zwingend brauchte. Der Einstieg in diese Abhängigkeit begann mit seiner vermutlich ersten Landschaftszeichnung Gebirgslandschaft mit Wasserfall, datiert auf das Jahr 1793, nach einer Landschaftsschilderung des Gartentheoretikers der englischen Romantik Thomas Whately.

Aura göttlicher Eingebung


Für die Außendarstellung des Malers hatte die Arbeitsweise Konsequenzen. Friedrich war sich nicht sicher, ob seine Art Anregungen akzeptiert wurden - wahrscheinlich nicht. Deshalb beförderte er durch sein Verhalten die Aura des nach göttlicher Eingebung schaffenden Künstlers. Dazu trug auch die ungewöhnlich spartanische Einrichtung seines Ateliers bei, in dem meist außer Tisch, Staffelei und wenige Malerutensilien aber auch gar nichts zu finden war. Die theologischen Schriften eines Franz Christian Boll oder die gartentheoretischen Schriften eines Christian Cay Lorenz Hirschfeld sowie diverse Korrespondenzen und eigene Aufzeichnungen blieben verborgen.

Erklärbarer Verfolgungswahn


Als Friedrich 1818 heiratete, schien ihm sein Berufsgeheimnis gefährdet. Das erste Möbel, das er beim Schreiner in Auftrag gab, war ein Stehpult mit sicher abschließbarem Fach. Das perfekte Verbergen seiner Quellen musste wohl zwangsläufig zu einer Art Verfolgungswahn führen, unter dem dann selbst gute Freunde wie Carl Gustav Carus litten. So liest man dann auch Passagen von Friedrichs "Äußerungen" anders:

[...] erkennst du denn noch immer nicht, daß die Zahl deiner Gegner Legion ist, denen kein Mittel zu schlecht ist, [...] einen Menschen zu schaden [...]? [...] Armer Teufel, du dauerst mich! denn sei versichert, wo du gehst und wo du stehest, und wo du sitzest und wo du liegest, und was du thuest und was du treibest, man umschleigt dich von ferne (selbst dein Schreibtisch und Briefe sind diesen Leuten nicht verschlossen), und siehe es geht kein Wort über deine Zunge so diese Gauner nicht zu verdrehen wissen, zu deinem Nachtheile und ihrem Vortheile. Dein Bild hier würde gewiß unter andern Umständen Anerkennung finden, und daß es hier überhaupt noch aufgenommen ist, hat gewiß noch seinen besonderen Grund, wohinter man die eigene Schuld verstecken will und damit zu teuschen glaubt.

Mehr dazu im Kapitel Text, Raum, Bild  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book

Georg Friedrich Kersting: C. D. Friedrich in seinem Atelier. 1811, Öl auf Leinwand, 51 x 40 cm, Hamburg, Kunsthalle


Dienstag, 11. März 2014

Caspar David Friedrichs schöne Aussicht

Nicht immer hat Caspar David Friedrich seine Landschaften verrätselt. Die Sepia Sommerlandschaft mit abgestorbener Eiche von 1805 gibt einen realen Landschaftsausschnitt östlich des mecklenburgischen Dorfes Alt Rehse wieder. Der Standpunkt des Malers scheint schon immer ein beliebter Aussichtspunkt gewesen zu sein. Heute steht dort eine Bank, von der aus man den Blick auf den Tollenssee genießen kann. Das Bild, für das Friedrich zusammen mit der "Wallfahrt bei Sonnenaufgang" den Preis der Weimarer Kunstfreunde bekam, erzählt die Geschichte betrügerischer Mönche, die sich mittels gefälschter Urkunden den Fischern des Tollensesees die Fangrechte verwehrten. Mehr dazu im Kapitel Das kleine Meer, der Fischer und die Mönche http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Sommerlandschaft mit abgestorbener Eiche. 1805, Bleistift, Sepia, 40,5 x 62 cm. Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Standort des Malers östlich des Dorfes Alt Rehse

Montag, 10. März 2014

Wer sind die "Zwei Männer beim Betrachten des Mondes"?

Caspar David Friedrichs Gemälde Zwei Männer beim Betrachten des Mondes aus dem Jahr 1819 in der Dresdner Galerie Neue Meister gilt als Inbegriff eines romantischen Bildes. Damit verbunden war immer die Frage, welche beiden Männer der Maler in diesem Sujet für eine Ewigkeit dort festgehalten hat. Es handelt sich hier um eines der Gedenkbilder für den 1818 verstorbenen Neubrandenburger Pastor Franz Christian Boll, dem man die etwas untersetzte Figur mit Umhang zuordnen kann. Der andere, sportlich wirkende Typ, kann aus den historischen Umständen heraus als Friedrich Ludwig Jahn in jungen Jahren identifiziert werden, der als Hauslehrer in Neubrandenburg wirkte. Beachtenswert erscheint der weiße Kragen der zweiten Figur, der in dem in dunklen Brauntönen gehaltenem Bild hervor sticht. Ein solcher weißer Kragen war das Markenzeichen des Turnvaters Jahn von jungen Jahren bis ins hohe Alter. Auch die legere Ausführung des bürgerlichen Gehrocks war ein typisches Kleidungsstück Friedrich Ludwig Jahns.  Mehr dazu in dem Kapitel Denkmale für Boll http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Zwei Männer beim Betrachten des Mondes. Um 1819, Öl auf Leinwand, 35 x 44 cm, Dresden, Gemäldegalerie Neue Meister

Friedrich Ludwig Jahn, ca. 1852, Lithograph Georg Ludwig Engelbach

Gruppenbild im Kreise der namhaften Berliner Patrioten: Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Schleiermacher, Friedrich Ludwig Jahn und Ernst Moritz Arndt. Unbekannter Künstler, nicht datiert



Freitag, 7. März 2014

Caspar David Friedrichs Laborbild

Warum Caspar David Friedrich in dem um 1834 entstandenem Gemälde Ruine Eldena im Riesengebirge topografisch weit entfernte Gegenden zusammen bringt, ist eine jener Seltsamkeiten seines Werkes, für die kaum eine plausible Erklärung zu finden war. Der Maler habe in Dresden seiner Sehnsucht nach der Heimat Ausdruck verleihen wollen, so die gängigste Interpretation. Hierbei handelt es sich jedoch um eine Art Labor- oder Experimentierbild, das die Wirkung beim Zusammenführen von Landschafts- und Architekturelementen, die Mischung der Gegenden erkundet. Der Maler folgt hier der Theorie der Gartenkunst des Christian Cay Lorenz Hirschfeld. Danach übertragen sich die Melancholie einer gotischen Ruine und die Munterkeit eines Landhauses als Stimmungcapriccio auf die Landschaft mit einem neuen Stimmungswert. Mehr dazu im Kapitel Hirschfelds Anregungen    http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Ruine Eldena im Riesengebirge. Um 1830/34, Öl auf Leinwand, 103 x 73 cm, Greifswald, Pommersches Landesmuseum

Caspar David Friedrich: Ruine Eldena mit schilfgedecktem Bauernhaus. Um 1815, Bleistift, Oslo, Nationalmuseum für Kunst, Architektur und Design

Theorie der Gartenkunst von Christian Cay Lorenz Hirschfeld




Donnerstag, 6. März 2014

Caspar David Friedrich doch unmusikalisch

Caspar David Friedrich wurde durch die 1830 entstandene Transparentzeichnung Harfenspielerin eine Neigung zur Musik zugesprochen. Hier wird jedoch ein Architekturthema illustriert. Verwendung fand eine Skizze von der Greifswalder St. Jakobi Kirche. Bereichert wird der Bau durch eine Doppelturmfront und einen Schmuckgiebel. Schaut man sich das Bild genauer und die Hintergründe seiner Entstehung an, so steht die Doppelturmfront für das Straßburger Münster und der Schmuckgiebel für die Neubrandenburger Marienkirche. Die Pastoren der Marienkirche rühmten an ihrem Bauwerk, dass die architektonische Neuerung des vorgeblendeten Maßwerks bereits 1298 und damit zur gleichen Zeit wie beim Straßburger Münster zur Ausführung kam. Und diese Art Maßwerk nennt man im Fachjargon Harfenbespannung. Dem aufmerksamen Betrachter des Bildes entgeht nicht, wie das tief herunter gezogene Dach am ersten Chorjoch die Verbindung mit der Harfe herstellt ... Mehr darüber im Kapitel Die Denkmale für Boll  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 

Caspar David Friedrich: Harfenspielerin. Um 1830, Wahrscheinlich Sepia, 72 x 51 cm, Kunstsammlung Chemnitz

Caspar David Friedrich: Die Jakobikirche in Greifswald von Südosten gesehen. 9. September 1815, Bleistift, 17,9 x 25, 2 cm, Oslo, Nationalgalerie

Caspar David Friedrich: Ostgiebel der Marienkirche, 1. Juli [1809], Aquarell, Bleistift, Feder und Pinsel in Grau, 21,0 x 17,6 cm, Privatbesitz

Darstellung des Straßburger Münsters  in Pierers Universal-Lexikon, 1891

Mittwoch, 5. März 2014

Caspar David Friedrichs großer Altar

Eine Kirche mit einem Altar nach einem Entwurf von Caspar David Friedrich ist nicht zu besichtigen. Die Pläne für die Ausstattung der Stralsunder Marienkirche wurden nicht realisiert, der Tetschener Altar hat den zugeschriebenen Ort in der Kirche von Hohenzieritz vermutlich nie gesehen. Dennoch gab es einen Friedrich-Altar, der von 1842 bis zur Zerstörung 1945 in der Marienkirche zu Neubrandenburg stand. Die aquarellierte Federzeichnung Kreuz vor Regenbogen im Gebirge von 1818 wurde lange für einen Alternativentwurf zum Tetschner Altar gehalten. Die Bestimmung galt jedoch der Neubrandenburger Marienkirche. Auf dem ersten Blick haben Entwurf und Ausführung nichts miteinander zu tun. Auf dem Blatt Friedrichs ist von fremder Hand in dünnen, kaum sichtbaren Bleistiftlinien eine Korrektur der Fialen gezeichnet, die den Altar in die finale Form bringen, sehr wahrscheinlich von der Hand des Architekten Friedrich Wilhelm Buttel. Das Gemälde wurde vom Maler Karl Eggers ausgeführt mit der Darstellung des Noli me tangere ... Mehr darüber im Kapitel Denkmale für Boll http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book 


Caspar David Friedrich: Kreuz vor Regenbogen im Gebirge. 1818, Feder, aquarelliert, 27,2 x 20,8 cm, Rechts unten von fremder Hand bezeichnet „Casp. David Friedrich Fc. Das Oelgemälde befindet sich auf dem Schloss Tetschen in Böhmen. Er erhielt die Professur darauf“, auf dem Altarrahmen die Aufschrift „Kommet her zu mir die ihr mühselig seid und beladen ich will euch erquicken“, Staatliche Kunstsammlung Dresden

Robert Geißler: Marienkirche von Südosten. 1860. Lithografie

Friedrich Wilhelm Buttel: Inneres der Marienkirche in Neubrandenburg Ostrichtung. Um 1835, Zeichnung, Tusche

Friedrich Wilhelm Buttel: Zum Profil der St. Marien Kirche in Neubrandenburg.1838 Zeichnung

Altar der Marienkirche von Neubrandenburg, um 1900,  Foto: Heinz Wehlow, Regionalmuseum Neubrandenburg



Dienstag, 4. März 2014

Caspar David Friedrichs Familienbäume

Caspar David Friedrichs legendäre Eichen, die in seinen Hauptwerken Verwendung finden, sind Bäume vom Neubrandenburger Stadtwall oder aus Breesen. Diese Solitäre hat der Maler nicht zufällig ausgewählt. Seit dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert musste man, um in der Stadt Bürger zu werden, auf dem Wall eine Eiche Pflanzen und ein Ehepaar pflanzte nach der Hochzeit zwei Bäume. Der Standort der Familienbäume wurde von Generation zu Generation weiter gegeben. Bürgermeister Ahlers nannte die Eichen schließlich die Vertrauten unserer Vorfahren, auf die pieteätvoll Bedacht zu nehmen! sei. Die Familienbäume wurden oft nicht zu Bauholz verarbeitet, so dass die Eichen ein Alter von mehr als 300 Jahre erreichten. Manche Eichenbilder Friedrichs erzählen so auch Familiengeschichte ... Mehr dazu im Kapitel Die Bäume der Ahnen http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book

Walleiche. Caspar David Friedrich: Alte Eiche mit Storchennest. 23. Mai 1806, Bleistift, 28,6 x 20,5 cm, Hamburg, Kunsthalle

Landschaft hinter dem Breesener Pfarrhaus. Caspar David Friedrich: Dorflandschaft bei Morgenbeleuchtung. 1822, Öl auf Leinwand, 55 x 71 cm, Berlin Nationalgalerie

Die ältesten Eichen auf dem Neubrandenburger Wall um 1900 hatten ein Alter zwischen 300 und 400 Jahren. Foto: Regionalmuseum 

Montag, 3. März 2014

Caspar David Friedrichs Schilfhütte

Das am meisten dargestellte Artefakt in Caspar David Friedrichs Bilderwelt ist eine unscheinbare  Schilfhütte am Strand. Wir wissen von der Zuordnung des Malers, dass es sich um eine Hütte am Strand des Tollensesees südlich von Neubrandenburg handelt. Zu sehen ist die Schilfhütte auf Skizzen, Sepien und dem 1807 entstandenen Gemälde Meeresstrand mit Fischer. Was hat den Maler an diesem Landschaftsgegenstand so fasziniert? Offenbar die damit verbundene Historie. Im Dreißigjährigen Krieg, am 15. März 1531, gilt dieser denkbar schmale Uferstreifen mit Schilfhütte als Schauplatz erbitterter Gefechte zwischen den kaiserlich-katholischen und und schwedisch-protestantischen Truppen, die weder in den See noch in den morastigen Bruch ausweichen können. Mit der Einnahme des legendären Aalhäuschens, von dem man noch bis ins späte 19. Jahrhundert den Kindern berichtete, entschied sich das blutige Schicksal der Stadt ... Noch im 20. Jahrhundert sortierten dort die Fischer Ihren Fang, wie ein Foto aus dem Regionalmuseum zeigt. Heute befindet sich an dieser Stelle ein Bootsverleih. Friedrich erzählt mit seinen stillen Bildern oft dramatische Geschichten ... Mehr darüber im Kapitel Das kleine Meer, der Fischer und die Mönche  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book

Caspar David Friedrich: Neubrandenburger  See mit Tollense. 1805, Bleistift, 23,5 x 39 cm. Berlin Kupferstichkabinett

Caspar David Friedrich: Neubrandenburger See mit Tollense. 1805, Feder und Pinsel in Sepia, 25 x 39 cm, Leipzig, Museum der bildenden Künste

Caspar David Friedrich: Der Tollense-See bei Neubrandenburg. Um 1806 oder 1838, Bleistift und Sepia, 25 x 39,5 cm. Kopenhagen, Königliche Bibliothek

Caspar David Friedrich: Meeresstrand mit Fischer. 1807, Öl auf Leinwand, 33,5 x 50,8 cm, Wien, Österreichische Galerie im Belvedere

Die Fischerhütte, die Caspar David Friedrich 1805 gezeichnet hat, existierte 100 Jahre später immer noch. Gegenüber der Seehalle links vom Oberbach sortierten die Fischer ihren Fang. Foto: Regionalmuseum Neubrandenburg