Donnerstag, 19. Juni 2014

Wie Caspar David Friedrich nach Greifswald kam

Caspar David Friedrich wäre nicht in Greifswald sondern in Neubrandenburg geboren worden, wo die Familie seit Generationen ansässig war. Der Vater Adolph Gottlieb Friedrich (1730-1781) hatte sich seine berufliche Zukunft in der mecklenburgischen Stadt auch vorgestellt. Er erlernte den Beruf des Seifensieders und Lichtziehers. Nur gab es in Neubrandenburg zu viele Seifensieder, dass allen eine auskömmliche Existenz beschieden war. Ursache dafür war der Landesgrundgesetzliche Erbvergleich von 1753. Der verbot in Mecklenburg-Strelitz die Ausübung verschiedener Handwerke auf dem Lande. In dessen Folge drängten diese Handwerker in die Städte. Gleichzeitig wurde der freie und unbeschränkte Handel auf den Jahrmärkten erlaubt und damit von den Zünften diktierte Reglungen für den Verkauf gelockert. 

In Schwedisch Pommern, in Greifswald und Wolgast fehlen dagegen Seifensieder und Lichtgießer. Der Siebenjährige Krieg hinderte vorerst Vater Friedrich der Arbeit nachzuziehen. Erst durch den Frieden von Hamburg zwischen Preußen und Schweden am 22. Mai 1762 endeten die wiederholten Gefechte des Siebenjährigen Krieges um Neubrandenburg. In Greifswald nimmt man den Arbeitsmigrant, nun schon 33 Jahre alt, in den zweiten Bürgerstand auf, dem hauptsächlich Kaufleute angehören. Dort ist er in der Stadt der einzige ausgebildete Seifensieder.

1765 ersteigert der Seifensieder meistbietend in Greifswald das Haus Lange Gasse 28 unterhalb und richtet dort eigene Werkstätten ein. Noch im selben Jahr holt der Handwerker die achtzehn Jahre jüngere Sophie Dorothea Bechly nach und heiratet sie. Am 5. Spetember 1774 wird Caspar David Friedrich geboren. 


Caspar David Friedrich: Bildnis des Vaters Adolf Gottlieb Friedrich. Um 1798, Kreide, 25 x 20,5 cm, Winterthur, Museum Oskar Reinhart

Donnerstag, 12. Juni 2014

Caspar David Friedrichs ferner Planet

Unter den Bildern, die Caspar David Friedrich nach Ideen aus Christian Cay Lorenz Hirschfelds „Theorie der Gartenkunst“ arbeitete, hat das Gemälde das Große Gehege in der Galerie Neue Meister in Dresden wohl den erstaunlichsten Ausgangspunkt im Text. Das Motiv zeigt zunächst einmal das Ostra-Gehege, eine Gegend im Nordwesten Dresdens

Doch wer den Standpunkt des Malers sucht, müsste über der Landschaft schweben, um die Elbe und die überschwemmten Sandbänke und Wiesen aus dem angenommenen Winkel erfassen zu können. Auch entstehen keine linearen zentralperspektivischen Achsen. 

Des Rätsels Lösung: Friedrich folgt Lorenz' Erörterung über die Schwierigkeiten des Gartengestalters wie Landschaftsmalers eine Ebene angenehm und sinnvoll darzustellen. So setzt der Maler die Darstellungs-Vorschläge Position für Position um und entwickelt von einer horizontalen Linie ausgehend mit einer hyperbolischen Anlagen Vorder- und Hintergrund zu diesem außergewöhnlichen Bild, von dem Werner Hofmann sagt, es sei wie die Topographie eines fernen Planeten. 
Mehr darüber im P-Book Kapitel III http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book

Caspar David Friedrich: Das große Gehege. Um 1830, Öl auf Leinwand, 73,8 x 102,5 cm, Dresden, Galerie Neue Meister

Donnerstag, 5. Juni 2014

Caspar David Friedrichs patriotische Archäologie

Mit der Darstellung von Hünengräbern reagierte Caspar David Friedrich auf den unglaublichen Hype, den der Herzog Carl II. in Mecklenburg-Strelitz veranstaltete. Die, wie sich letztlich herausstellte, gefälschten Prillwitzer Idole, machten das kleine Herzogtum in ganz Europa bekannt und zum Pilgerort archäologisch interessierter Adliger und Wissenschaftler. Auch Goethe, der die Bilder mit Friedrichs Hünengräber für die Sammlung des Weimarer Herzogs ankaufte, interessierte sich brennend für die seltsamen Artefakte, die in der Gegend um Prillwitz in scheinbar unerschöpflicher Menge ans Tageslicht befördert wurden. Herzog Carl versuchte als Bruder der englischen Königin mittels Archäologie seinen Stammbaum aufzuwerten und ließ eine Genealogie anfertigen, die bis in die Zeit der Vandalen zurück reichen sollte. Auf dem Höhepunkt der patriotischen Archäologie in Meckenburg Strelitz fertigte Friedrich 1807 seine ersten kommentierenden Arbeiten Hünengrab am Meer und Hünengrab im Schnee. Als sich etwa 1815 führende Altertumswissenschaftler einig waren, dass die Artefakte von Prillwitz Fälschungen sind, und das Herzogtum in ganz Europa als das Land der Deppen galt, begann Friedrich das Wutbild Hünengrab im Herbst mit abschlagenen stolzen Eichen. Die Hünengrab-Bilder sind typischerweise Kompilationen, dass heißt zusammengesetzte Reallandschaften. Allerdings verweist das Hünengrab im Schnee auf eine auffindbare Topografie, das Königsgrab auf dem Berg in Wustrow am Tollensesee. Solche Eichen wie auf dem Neubrandenburger Wall findet man da nicht, sondern verkrüppelte Windflüchter, aber auch die sind nicht 200 Jahre alt. Eine Überraschung gibt es auf dem Hügel doch. Von den Eichen aus Friedrichs-Zeiten sind unter Laub und Moos noch die drei Baumstümpfe in jener Konstellation der Friedrich-Bilder vorhanden. So kommt man mittels Archäologie in der Kunstgeschichte weiter. Mehr darüber im P-Book-Kapitel Die Bäume der Ahnen  http://www.caspar-david-friedrich-240.de/#P-Book


Caspar David Friedrich: Hünengrab am Meer. 1807, Bleistift, Sepia, 64,5 x 95 cm, Weimar, Staatliche Kunstsammlungen

Caspar David Friedrich: Hünengrab im Schnee. 1807, Öl auf Leinwand, 61,5 x 80 cm, Dresden Gemäldegalerie Neue Meister

Caspar David Friedrich: Hünengrab im Herbst. Um 1819, Öl auf Leinwand, 55 x 71 cm, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Galerie Neue Meister